Ökobilanz

Kohlendioxid-Bilanz von Windkraftanlagen


Im Zusammenhang mit der globalen Klimaentwicklung ist viel von der Kohlendioxid-Anreicherung als Treibhausgas in der Atmosphäre die Rede. Wir wollen hier untersuchen, wie sich Windkraftanlagen im Vergleich zu fossilen Kraftwerken dabei verhalten.


Windturm-Herstellung „kostet“ CO2

Kohlendioxid (CO2) entsteht bei der Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Stoffen. Windkraftanlagen verfeuern keinen Brennstoff, um Strom zu erzeugen und schonen so das Klima. Während der Herstellung der Anlagen werden allerdings CO2 und andere Treibhausgase in die Atmosphäre geblasen, besonders bei der energieintensiven Zementproduktion für Betonturm und -fundament.

Laut einer Studie des Umweltbundesamts (UBA) von 2021 werden bei der Herstellung einer Windkraftanlage pro Megawatt Anlagenleistung 763 Tonnen CO2 erzeugt. Datengrundlage sind Herstellerangaben; eine Offenlegung sei aus Vertraulichkeitsgründen nicht möglich. Für die Erstellung des geplanten BB-14-Windpark mit sechs 7,2 MW-Kraftwerken ergeben sich damit 33.000 Tonnen CO2, was auf die 20-jährige Betriebszeit umgelegt 1.650 Tonnen CO2 pro Jahr ausmacht. Zum Vergleich: Das Böblinger Restmüllheizkraftwerk emittiert bei einer installierten Feuerungsleistung von ca. 60 MW jährlich 100.000 Tonnen CO2, das Sindelfinger Mercedes-Benz-Werk mit seinem Heizkraftwerk meldet 200.000 Tonnen pro Jahr (Stuttgarter Zeitung, 12.10.2023).


CO2-Fußabdruck – viel Schönrechnerei

Auf die erzeugte Strommenge während der 20 Betriebsjahre umgerechnet, gibt der Hersteller Vestas für seine V172-Maschinen einen CO2-Fußabdruck von 6,2 Gramm pro Kilowattstunde an. Er geht dabei von einer mittleren Windgeschwindigkeit am Standort von 8,5 m/s aus. Das ist viel zu hoch gegriffene Marketing-Sprech. Im Gebiet BB-14 beträgt die Durchschnittswindgeschwindigkeit laut Windatlas der Landesregierung in Nabenhöhe (200 m) kaum mehr als 6,2 m/s, was den Stromertrag gemäß Vestas Datenblatt um ein Drittel vermindert und damit den Fußabdruck auf (immer noch optimistische) 9,7 g/kWh erhöht.

Die UBA-Wissenschaftler schreiben in ihrer Studie, in Schwachwindgebieten würden bei Windkraftanlagen 10,6 g/kWh CO2 anfallen. Auch dieser Wert geht, wie die Autoren einräumen, mit angenommenen 2.800 bis 3.200 Volllaststunden pro Jahr von „technisch möglichen, optimalen Bedingungen für die Aufstellung“ aus. Sie weisen darauf hin, dass in der Praxis 1.800 Stunden realistischer seien. Der Fußabdruck läge damit bei 17,7 g/kWh. Eine vorgelegte Rechnung mit 2.400 Volllaststunden ergibt einen Wert von 13,2 g/kWh CO2.


Vergleich mit anderen Energieträgern

Interessant ist jetzt der Vergleich mit anderen Energieträgern. Dazu zitieren die UBA-Wissenschaftler Umweltdatenbanken, nach denen bei Braunkohlekraftwerken für Brennstoffverbrauch und umgelegte Herstellungs- und Rückbauaufwände mit 1.054 bis 1.139 g/kWh C02 und bei Erdgas mit 433 bis 486 g/kWh zu rechnen sei. Das ist das 25- bis 70-fache dessen, was bei unseren Windkraftanlagen anfällt.

Man kann aber auch anders vergleichen: Kernkraftwerke werden nach UBA-Angaben mit 4,7 bis 67,8 g/kWh notiert (wieder die Herstellungs- und Rückbauaufwendungen eingerechnet), bei Photovoltaikanlagen werden je nach verwendeter Technik Werte zwischen 13 und und 37 g/kWh ermittelt. Die höhere Zahl rührt von China-Importen her, bei deren Herstellung viel Kohlestrom einberechnet wurde. Unter dem Gesichtspunkt der CO2-Einsparung gibt es also durchaus Alternativen für Windstrom, die teils sogar günstiger abschneiden.


Energy Payback Time

Es mutet seltsam an, wenn Vestas schreibt, nach 7 Monaten Betriebszeit würde im „Break-Even-Point“ der bei der Anlagenherstellung abgegebene CO2-Betrag wieder eingespielt sein. Wie denn? Windtürme binden – anders als Wald – kein CO2. Ähnliches liest man in der UBA-Studie, die gar auf 3,2 Monate „Energy Payback Time“ kommt. Gemeint ist ein Vergleich mit der durchschnittlichen CO2-Emission des deutschen Stromerzeugungsmix von 2015. Aber dieses ist eine willkürliche Messlatte. Für dänischen statt deutschen Strom kommen die UBA-Autoren bei den gleichen Windrädern auf 7,6 Monate. Der Wert sei „keine klassische Bewertungsgröße im Sinne der Ökobilanz“, schreiben die Wissenschaftler selbstkritisch. Er trifft eher eine Aussage über bestehende Stromkraftwerke — je mehr dreckige Braunkohle verstromt wird, desto niedriger ist er — als über die Ökoqualität des Windrades. Atomkraftwerke weisen mit ihrem niedrigen CO2-Fußabdruck eine ähnlich vorteilhafte Zahl auf.

Sinnvoller als der Vergleich mit einem mehr oder weniger zufälligen Strommix ist unserer Meinung nach die Untersuchung, ob bei Bau von neuen Stromkraftwerken neben Windtürmen Alternativen zur Verfügung stehen, die ebenfalls eine günstige CO2-Bilanz aufweisen. Dies ist – siehe oben – der Fall. Übrigens: Die Stromgestehungskosten bei Photovoltaikanlagen sind in unserem Umfeld (weniger Wind, aber mehr Sonne als in Norddeutschland) nur halb so hoch wie bei Windkraft.

Man sollte sorgfältig abwägen, welcher Energieträger unter ganzheitlicher Betrachtung seiner Vor- und Nachteile im konkreten Fall die richtige Lösung ist, und welches der geeignete Standort dafür sein kann. Ein windhöffiger Standort mag aus guten Gründen nicht für Windkraft in Frage kommen – auf unseren Seiten finden Sie dazu allerhand Denkanstöße. An einem anderen Ort passt es dann vielleicht. Dem globalen Klima ist es egal, ob rettende Windräder hier stehen oder 100 km entfernt, den potenziellen Anliegern nicht.


Wald bindet CO2

Die BB-14-Windräder sollen in einem Waldstück errichtet werden, was ihre CO2-Bilanz verschlechtert. Bäume trennen bei der Photosynthese den Kohlenstoff vom CO2 und lagern ihn ein, während Sauerstoff an die Umgebung abgegeben wird. Werden die Bäume gerodet, um Windkraft-Standorte zu schaffen, so fällt dies weg. Das erhöht den CO2-Fußabdruck der Anlage. Pro Windrad muss etwa ein Hektar Wald beseitigt werden, der nach unterschiedlichen Angaben sonst zwischen 5 und 15 Tonnen CO2 jährlich binden würde. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung errechnet 12 Tonnen im Buchenwald, die Bayerischen Staatsforsten melden 11 Tonnen, die Bundeswaldinventur 2017 ergab einen Durchschnittswert für den deutschen Wald von 5,4 Tonnen gebundenen CO2 pro Hektar und Jahr.

Eine Neuaufforstung muss erst nach Rückbau der Windkraftanlage stattfinden und es dauert viele Jahrzehnte, bis der ursprüngliche Wald dann wieder hergestellt ist. Es sind also einige Tausend Tonnen CO2, die im Windpark BB-14 durch die Rodung nicht mehr gebunden werden können. Entsprechend viel Sauerstoff wird nicht erzeugt. Der oben genannte CO2-Fußabdruck dürfte sich um 5 bis 10 Prozent verschlechtern, wenn die Windkraftanlage im Waldgebiet errichtet wird.

Schließlich: Wald ist nicht nur Senke für Treibhausgas und Lieferant von Sauerstoff. Er ist Lebensraum für Flora und Fauna, darunter windkraftsensible und geschützte Arten. Er dient der Bildung und dem Schutz von Trinkwasser, ist Klimaschutz-, Immissionsschutz-, Bodenschutz- und Erholungswald. Diese vielfältigen Waldfunktionen sind durch die Rodung beeinträchtigt. Eine ökologische Betrachtung sollte mehr umfassen als das bloße Starren auf CO2-Bilanzen. Wikipedia.org definiert „Ökologie“ als „Teildisziplin der Biologie, welche die Beziehungen von Lebewesen untereinander und zu ihrer unbelebten Umwelt erforscht.“
Auf unseren Seiten „Technik“ und „Natur“ haben wir weitere ökologische Aspekte rund um Windkraft beleuchtet.

(Zum Download bitte auf das Bild klicken)

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